Kunst im Grünen

Ein Rundgang zu Kunst und Kultur über den Rahlstedter Friedhof

Eigentlich ist so ein Friedhof insgesamt Kultur. Nämlich die Kultur, wie wir unsere Toten bestatten. Charles de Gaulle soll so auch einmal gesagt haben: ,, Die Kultur eines Volkes erkennt man daran, wie es seine Toten bestattet.‘‘ Dieser Rundgang beschäftigt sich mit ausgewählten Kunstwerken und besonderen Grabmalen. So lässt sich auch auf dem Rahlstedter Friedhof der Wandel der Kultur nachvollziehen. Wir möchten Sie einladen, uns auf einem kleinen Rundgang zu ein paar besonderen Kunstwerken über den Friedhof zu folgen. Dies können Sie im Geiste mit diesem Text machen oder aber Sie erkunden den Rundgang selber. Mit einem kleinen Plan, den es am Schaukasten des Friedhofes gibt, lässt sich dieser Rundgang auch selbst gut nachvollziehen. Oder Sie nutzen eine der öffentlichen Führungen, zum Beispiel zu den Rahlstedter Kulturwochen.

Beginnen wir vor der Kapelle. Hier fallen drei schmiedeeiserne Arbeiten ins Auge. Es handelt sich um Arbeiten des Eckernförder Metallbildhauers Nils Winderlich. Diese drei Kunstwerke haben Ihren endgültigen Platz auf dem Friedhof noch nicht gefunden. Sie können von Grabnutzernerworben werden und als Grabmal auf einem Grab Verwendung finden. Die beiden Arbeiten auf den Sandsteinsockeln haben keinen Titel. Das Werk auf dem Granitsockel heißt der Schwan.

Wir begeben uns nun in das Feld 12, links neben der Kapelle. Hier fällt dem Betrachter recht schnell eine Bronzefigur auf einer Grabstätte auf. Ein junges Paar betrachtet einen Schmetterling, welcher sich in ihren Händen niedergelassen hat. Dieses Kunstwerk wurde vom Rahlstedter Künstler Hanno Edelmann geschaffen. Es ist jetzt das Grabmal für sein eigenes Grab. Hanno Edelmann starb im Jahr 2013.

Wenn wir dem Weg folgen, stoßen wir im Feld 30 auf eine aus einem Marmorblock gehauene Christusfigur. Diese Christusfigur wurde 1926 von einem uns noch unbekannten Bildhauer geschaffen. Auf der Rückseite steht die Inschrift: ,,Entstanden in Zeiten grosser Not unserer lieben Kirche in Ehrfurcht dargebracht durch den Deutsch Evangelischen Frauenbund und die Gemeinden des Amtsbezirkes Alt- Rahlstedt.‘‘ Die Inschrift ist ein Hinweis darauf, dass diese Christusfigur einmal den Altarraum der Alt- Rahlstedter Kirche schmückte. Bei einer Rekonstruktion des ursprünglichen Kirchraumes ist aufgefallen, dass diese Figur erst viel später hinzugefügt wurde. Daher fand Sie dann Ihren Platz auf dem Friedhof. Nun dient Sie dem Gedenken aller auf dem Friedhof bestatteten, deren Gräber aufgehoben wurden. Außerdem werden hier Gebeine aus ganz Hamburg beigesetzt, die bei Ausgrabungen freigelegt werden. Die letzte Beisetzung waren Gebeine aus dem 12-13 Jh. Diese wurden am Hopfenmarkt im Bereich der alten Hammaburg gefunden. Ansonsten ist dieses Grabfeld Pastoren vorbehalten.

Nun wird unser Blick von einem imposanten Grabmal angezogen. Dem ,,Rosen Mädchen‘‘ auf dem Grab des Dichters Detlev von Liliencron. Dieses Grabmal wurde von dem Bildhauer Richard Luksch geschaffen und nimmt eine Anlehnung an ein Gedicht von Detlev von Liliencron welches er 1909, im Jahr seines Todes, für seine eigene Beerdigung geschrieben hat:

Begräbnis
Wenn letzter Donner fern verrollt // Nach dunkler Sommerstunde: //
Schon winkt ein erstes Wolkengold // Dem regensatten Grunde:

Die Sonne küßt die Gräser wach, // Die lieben Lerchen singen, //
Es trägt der Wind den blauen Tag // Empor auf kühlen Schwingen:

In solcher Stunde senkt mich ein, // Viel Müh ist nicht vonnöten, //
Es wird die Erde hinterdrein // Mir rasch den Sarg verlöten.

Streut Rosen, Rosen in das Grab, // Und spielt Trompetenstücke; //
Dann brecht mir meinen Wanderstab // Mit fester Hand in Stücke!

Es fiel ein Blatt vom Baum, es fiel // Durch fruchtbeschwerte Äste. //
Nun geht zu euerm eignen Ziel, // Ihr meine letzten Gäste!

Zum eignen Ziel geht spielbereit, // Schwenkt hoch die Trauerfahnen, //
Froh, daß ihr noch auf Erden seid // Und nicht bei euern Ahnen!

Ein Relief im Sockel widmet sich der militärischen Laufbahn des Dichters. Das gesamte Grab steht unter Denkmalschutz.

Wir lassen das Liliencron Grab links liegen und stoßen ein paar Meter weiter rechter Hand auf die Familiengrabstätte Grimm. Mit Ihren imposanten Säulen ist sie nicht zu übersehen und verweist mit diesen zugleich auf die frühere Tätigkeit der Familie Grimm als Bauunternehmen für Villen. Besonders fällt hier eine sitzende trauernde Frau auf. Diese bildhauerische Arbeit soll auch von Richard Luksch geschaffen worden sein. Hierfür fehlen allerdings derzeit noch eindeutige Belege.

Wenn wir nun dem Hauptweg weiter folgen und an der nächsten Möglichkeit links abbiegen können wir in Feld 5 linker Hand das Grab des Kapitäns John Behrens sehen. Zu entdecken ist hier auf dem um 1911 entstanden Grabmal das Bronzerelief eines Schiffes. Vielleicht das letzte Schiff des Kapitän Behrens?

Wir gehen weiter und biegen am nächsten Hauptweg nach rechts ab. Nach einiger Wegestrecke können wir links im Feld 8 noch ein altes gusseisernes Kreuz aus dem Jahre 1851 hinter dem Grab der Familie Soltau entdecken. 

Ein Stückchen weiter fällt uns dann im Feld 2 rechts das Familiengrab der Familie Remstedt auf. Dieses 1915 geschaffene Grabmal ist das eindrucksvollste im Jugendstil geschaffene Grabmal, welches noch erhalten ist. 

Ein Feld weiter auf der rechten Seite ist dann ein weiteres gusseisernes Kreuz zu sehen. Es handelt sich um das älteste auf dem Friedhof noch erhaltene Grab aus dem Jahre 1837. Hier ist die kirchliche Hebamme Frercks bestattet. Dieses Grabfeld 1 war ursprünglich einmal nur Kirchenmitarbeitern vorbehalten.

Nun sind wir fast am Ende des Friedhofes angekommen. Wir gehen nun zwischen den Grabfeldern 1 und 2 hindurch auf den östlichen Hauptweg und biegen hier rechts ab. Nun passieren wir erneut die Grabstätten Grimm und Liliencron, bis wir linker Hand in Feld 23 auf ein neues helles Grabmal mit einer kleinen Stadt auf seiner Spitze stoßen. Es handelt sich um eine Auftragsarbeit aus dem Jahr 2015 die der Steinmetz und Bildhauer Kai Birkefeld von der Firma Braun und Kohler entworfen und geschaffen hat. 

Wir folgen den Hauptweg nun bis zur nächsten Wegekreuzung, wenn wir hier nach rechts abbiegen, konnten wir früher das seinerzeit größtes Kunstwerk den ,, Lebensbaum ‘‘ von Peer – Oliver Nau sehen. Leider hat ein Baumpilz dieses Kunstwerk zerstörtso das uns hier nur noch eine Rückbetrachtung bleibt. Dieses Kunstwerk wurde von Peer-Oliver Nau aus einer 125 Jahre alten Eiche mit der Motorsäge geschnitzt. Im Stamm wurde das alltägliche Leben dargestellt. Peer Oliver Nau hat die blühenden und dornigen Momente des Lebens mit Rosenranken, die die eine oder andere Alltagsszene umranken, interpretiert. Mittelpunkt im Stamm war der Ewigkeitsbriefkasten. Dieser reichte bis weit hinunter ins Erdreich und namm die Briefe an die Verstorbenen auf. Die Briefe vergehen im Erdreich und gelangten so zu den Verstorbenen auf dem Friedhof. Zwei Engel hilten Lebenswege und verdeutlichten damit, dass all unsere Wege von Engeln begleitet werden: so auch unser letzter Weg. Wir sahen hier Szenen aus dem letzten Abschnitt des Lebens. Ob im Krankenhaus oder bei einem Autounfall: Jedes Leben auf der Erde, auch das des kleinen Wellensittichs, ist irgendwann vorbei. Aber es gibt ein Leben nach dem Tod. Wir wissen nicht, wie es ist, aber wir wissen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Peer Oliver Nau stellte das Leben nach dem Tod mit einem fröhlichen Schaukeln in den Wolken dar. Über dem Engel sahen wir eine Abschiedsszene: Der Mann stirbt und wird von einer unbekannten Kraft auf den Friedhof gezogen. Seine Frau versuchte ihn noch festzuhalten, aber er entgleitet ihren Händen. Die beiden wurden schließlich durch einen Riss im Stamm voneinander getrennt. Der Riss bedeutet nicht nur das Ende des Baumes, sondern auch das Ende der Beziehung zwischen diesen beiden Menschen. Trost spendet der Keimling, der deutlich macht, dass aus jedem Abschied etwas Neues entsteht.

Wenn wir nun dem Hauptweg etwas nach links in Richtung des ausgestreckten Armes folgen sehen wir auf der rechten Seite das Familiengrab Stöcker. Das Grabmal wird von einer Bronze geprägt, die den heiligen Christophorus darstellt, der einen kleinen Jungen über den Fluss trägt. Der in Rahlstedt aufgewachsene Künstler Bernd Stöcker hat diese Figur für das Grab seiner Eltern gewählt, da sein Vater sich als Statiker auch ein Leben lang immer mit tragenden Bauteilen beschäftigt hat.

Hier endet nun unser kleiner Rundgang, der natürlich nicht alles zeigen konnte. Wenn Sie möchten, liegt der ,, Neue Friedhofsteil ‘‘ nun noch vor Ihnen und Sie können selber auf Entdeckungsreise gehen.